„wir“ hat den Friedensnobelpreis 2015 gewonnen – Ein Preis für Volksgemeinschaft und Austeritätspolitik

Eine der bürgerlichen Erzählungen zur Legitimierung kapitalistischer Herrschafts- und Produktionsverhältnisse ist der brutale Naturzustand Hobbs`scher Prägung, aus dem die Menschheit nur durch einen Vertragsschluss untereinander herauskam. Dieser Vertrag festigte erstens eine Minimalmoral und delegierte zweitens alle politische Macht an eine übergeordnete staatliche Instanz. Den Schwachen wurde so das Leben und die formale Freiheit, ihre Arbeitskraft auf den Markt zu werfen, geschenkt. Diesen Markt schufen die Starken, die nun ohne Angst, dass jemand nach ihrem Leben trachten könne oder die Schwachen sich gegen sie zusammenrotteten, ihr Eigentum ausbauten. Continue reading „„wir“ hat den Friedensnobelpreis 2015 gewonnen – Ein Preis für Volksgemeinschaft und Austeritätspolitik“

Solidarität und Imagepflege: Die Eingemeindung der Flüchtlingshilfe in die deutsche Ideologie

Allein im Jahr 2015 gab es über 500 Demonstrationen, Angriffe und Anschläge gegen Geflüchtete, ihre Unterkünfte oder die angeblich liberale Asylpolitik Deutschlands. Die Zahl ist erschreckend und lässt die Erinnerungen an die frühen neunziger Jahre wach werden, als AsylbewerberInnen und ehemalige VertragsarbeiterInnen der DDR auf eine deutsche Bevölkerung trafen, die einerseits vom nationalistischem Wiedervereinigungstaumel gesättigt und andererseits von Deutscher Angst im Zuge der Kapitalisierung der neuen Bundesländer überladen war. Continue reading „Solidarität und Imagepflege: Die Eingemeindung der Flüchtlingshilfe in die deutsche Ideologie“

Kritik der deutschen Feierlichkeiten zum Ende des Zweiten Weltkrieges am 8./9. Mai.

Eine der schockierenden Erkenntnisse, die sich bei der historischen Analyse der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, dem deutschen Griff nach der Weltherrschaft und dem im Holocaust verübten Zivilisationsbruch ergibt, ist die Tatsache, dass Hunderttausende von „normalen“ Bürgern mit Feuereifer und frohen Mutes am Vernichtungsfeldzug teilgenommen haben und bis zuletzt lieber mit der Waffe in der Hand starben, anstatt sich den einrückenden Alliierten zu ergeben. Lässt man diese Tatsache wirken, zwingen sich mitunter zwei Fragen auf. Erstens: Welche Umstände sorgten dafür, dass sich das banale Böse so losbrechen konnte und zweitens: Gab es eine Traditionslinie evtl. spezifisch deutschen Denkens, die vielleicht auch heute noch sowohl latent wie virulent ist? Continue reading „Kritik der deutschen Feierlichkeiten zum Ende des Zweiten Weltkrieges am 8./9. Mai.“

Mit Kultur gegen Antirassismus. Der Streit um ein diffamierendes Firmenlogo der Mainzer Firma „Thomas Neger“

In den 1950er-Jahren kreiert der Mainzer Fastnachter und Unternehmer Ernst Neger, ein Logo für seine Dachdeckerfirma. Es zeigt einen hammerschwingenden Schwarzen mit schwulstigen Lippen, riesigen Kreolen und einem Bastrock, der auch als Dach interpretiert werden könnte. Die stilisierte Vorstellung eines Schwarzen aus kolonialen Zeiten also, wie sie auch in anderen (post-)kolonialen Gütern, etwa den Asterix-Bänden Uderzos, zu finden sind. Tatsächlich entspringt es der Gedankenwelt der postnazistischen 50er-Jahre. Es verwundert daher nicht, dass der Großvater des heutigen Firmeninhabers sich gerade die zeitgenössische wie prototypische Vorstellung eines „Negers“ zum Firmenlogo wählte. Continue reading „Mit Kultur gegen Antirassismus. Der Streit um ein diffamierendes Firmenlogo der Mainzer Firma „Thomas Neger““