Der lange Arm der nationalsozialistischen Rechtsprechung. Über den Tod Philipp Auerbachs und die „zweite Schuld“ der Deutschen.

Am 16. April 1952 trat in München ein aus ehemaligen Nationalsozialisten bestehendes Gericht zu einer Verhandlung über Holocaustüberlebenden Philipp Auerbach zusammen. Den Vorsitz des dreiköpfigen Gerichts übernahm kurzfristig der ehemalige Pg. Josef Mulzer, der in der Zeit des Nationalsozialismus zum Oberkriegsgerichtsrat aufstieg. Auch einer der beiden Staatsanwälte sowie der psychiatrische Sachverständige, Wulf Ziehen, waren ehemalige Mitglieder der NSDAP. Ein Beisitzer des Gerichts war Mitglied der SA. Der Prozess wurde begleitet von einer antisemitisch gefärbten Kampagne gegen Philipp Auerbach. Der ungerechtfertigte Schuldspruch trieb ihn schließlich in den Suizid.
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„Dear Americans“ – another attempt to make Germany great again

Es ist der 9. November, an dem sich die deutsche Nation ihres Webfehlers (Pohrt) ermächtigt und ihn in das Happy End der Wiedervereinigung zweier deutscher Staaten zu einem großen hin triumphieren lässt. 2016 sollte es allerdings nicht das übliche Gedenkpotpourri aus einstürzenden Synagogen- und Stadtmauern sein, das den Zeigefinger des Studienrats nach oben schnellen lässt, sondern der Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen. Hatte man nicht in den sozialen Medien herrlich sarkastisch davor gewarnt, den starken Mann an der Spitze des Staates zu wählen? Wir wüssten schließlich, wo das endet – warum es aber hier und nur hier so endete: einerlei.  Continue reading „„Dear Americans“ – another attempt to make Germany great again“

„wir“ hat den Friedensnobelpreis 2015 gewonnen – Ein Preis für Volksgemeinschaft und Austeritätspolitik

Eine der bürgerlichen Erzählungen zur Legitimierung kapitalistischer Herrschafts- und Produktionsverhältnisse ist der brutale Naturzustand Hobbs`scher Prägung, aus dem die Menschheit nur durch einen Vertragsschluss untereinander herauskam. Dieser Vertrag festigte erstens eine Minimalmoral und delegierte zweitens alle politische Macht an eine übergeordnete staatliche Instanz. Den Schwachen wurde so das Leben und die formale Freiheit, ihre Arbeitskraft auf den Markt zu werfen, geschenkt. Diesen Markt schufen die Starken, die nun ohne Angst, dass jemand nach ihrem Leben trachten könne oder die Schwachen sich gegen sie zusammenrotteten, ihr Eigentum ausbauten. Continue reading „„wir“ hat den Friedensnobelpreis 2015 gewonnen – Ein Preis für Volksgemeinschaft und Austeritätspolitik“